Unser Groß-Buchholz

Groß-Buchholz :  Dorf in der Großstadt

„In Groß-Buchholz ist es so schön dörflich“ urteilt -meist mehr oder weniger erstaunt- so mancher Hannoveraner, der diesen Stadtteil Hannovers erstmals näher kennenlernt.
Viele der heutigen Einwohner von Groß-Buchholz identifizieren sich gerade mir diesem dörflichen Charme, von dem scheinbar immer noch soviel lebendig ist , um Groß-Buchholz von anderen Stadtteilen abzuheben. Groß-Buchholz entstand im 14.Jahrhundert auf einer Sandschwelle inmitten einer wenig einladenden Sumpflandschaft, an der nordöstlichen Grenze des Fürstentums Calenberg. Noch heute prägen die Höfe der ersten acht Siedler dieser ersten Besiedlungszeit das Ortsbild und bilden so die Grundlage für das Stadtteil-Ambiente. Eine Keimzelle der Ortsgründung war die Zollstation an der Grenze der Fürstentümer Calenberg und Lüneburg , die noch heute als Gaststätte besteht . Ein weiterer Zeuge der ersten Besiedlung ist die 600-700 Jahre alte St. Antoniuskapelle im Kapellenbrink, benannt nach dem Schutzheiligen gegen Schweineseuchen.

Die schreckliche Zeit des dreißigjährigen Krieges brachte eine Figur hervor, die über die Grenzen Hannovers hinaus bekannt war und noch heute Stoff für allerlei Legenden und Geschichten bildet: Jasper Hanebuth, der „Robin Hood von Groß-Buchholz“. Er wurde 1606 oder 1607 hier geboren und trieb als Raubmörder sein Unwesen. In der Eilenriede, unweit des heutigen Zoos soll er seine Räuberhöhle gehabt haben, von der aus eine lange Schnur über die Waldchaussee gespannt war. Immer wenn durchziehende Kaufleute vorbei kamen, soll das Glöckchen am Ende der Schnur in seiner Höhle geklingelt haben , um ihm die „Kundschaft“ zu melden. Mit einem Teil seiner Beute soll er die besonders Armen in seinem Heimatdorf Groß-Buchholz unterstützt haben. Am 4.Februar 1653 wurde Räuber Hanebuth am Steintor-Galgen durch Rädern hingerichtet, nachdem er 19 Morde gestanden hatte.
Zur Zeit des Räubers Hanebuth befand sich die örtliche Schule in der alten St.Antoniuskapelle im Kapellenbrink. Im einzigen Schulraum wurden 20-30 Kinder aller Altersstufen gemeinsam unterrichtet.

Noch um 1850 hatte Groß-Buchholz nur rund 300 Einwohner und König Ernst-August von Hannover besuchte mehrmals den größten Hof im Dorfe, um dort für einen Tag mit seiner Familie das Landleben zu genießen, denn das Dorf lag damals noch weit vor den Toren der Stadt. Im Nachbardorf Bothfeld war zu dieser Zeit übrigens sehr häufig Hoffmann von Fallersleben zu Besuch, dessen Schwester mit dem dortigen Pastor verehelicht war. Deren Tochter -seine leibliche Nichte also- heiratete er. Hoffmann von Fallersleben dichtete hier das „Hundetagslied“:
Hunde bellen,Hühner gackern, Burschen lärmen, Kinder schrein,
Weiber zanken, Männer schnacken, Schweine grunzen lustig drein.
Wind und Hitze, dürre Felder, Fusel, Keller, saures Bier,
Keine Berge, keine Wälder, und für Geld auch kein Pläsier.
Trotzdem gehts mir nicht zu Herzen, nein, nicht einen Augenblick,
kann ich dichten noch und scherzen, trag ich jegliches Geschick.

In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung dann rasant. Verbesserte Düngemethoden brachten mehr Wohlstand und die am Rande des Dorfes neu angesiedelten Industriebetriebe (Dt.Grammophon, GEHA, Bahlsen,Berstorff) schufen Arbeitsplätze und zogen Menschen an. Im Ausspannlokal der (Pferde-) Straßenbahn („Noltemeyer“)kehrte Hermann Löns gern ein. Es begab sich aber, da er das Plumpsklo hinter dem Gasthaus aufsuchen musste und es nicht mehr schaffte, sondern nur bis zum Fahrradständer kam. Er setze seine Hinterlassenschaft dorthin, wurde erwischt und so vermöbelt, dass er niemals wieder nach Groß-Buchholz kam.
Bis 1907 gehörte Groß-Buchholz zum Amt Langenhagen, dann wurde das Dorf in die Stadt Hannover eingemeindet.
In einem umfangreichen Vertrag sicherten sich die Groß-Buchholzer gegenüber der Stadt Hannover Sonderrechte, die Teils noch in den vergangenen Jahren eingeklagt wurden.
In den letzten zwei Jahren des 2.Weltkriegs wurden viele Höfe des Dorfes schwer von Bomben getroffen. Bomben, die eigentlich den Misburger Industrieanlagen galten, aber vorzeitig abgeworfen wurden. Auf den größeren Höfen arbeiteten französische Fremdarbeiter, zu deren Nachfahren einige der damaligen Bauernfamilien noch heute Kontakte pflegen. Nach dem 2.Weltkrieg gaben viele Bauern die Landwirtschaft auf, die letzten in den 60er Jahren.

Heute leben rund 30.000 Menschen in einem Stadtteil der Kontraste. Denn in starkem Kontrast zum alten Dorfkern steht das „Roderbruchgebiet“. Hier, auf dem ehemaligen Weideland der Bauern , entstand seit den sechziger Jahren ein modernes Wohngebiet, das von Hochhäusern und futuristischer Architektur geprägt ist. Im Herzen des Roderbruchs steht die Medizinische Hochschule Hannover, in ihrem Umfeld finden sich die Konzernzentralen der Preussag und der TUI, außerdem viele Versicherungen und der „Medical Park“, in dem sich mehrere international renommierte Institute der medizinischen Forschung angesiedelt haben. Überragt werden altes Dorf und Neubaugebiet vom „Telemax“, dem mit 200,20 Metern höchsten quadratischen Fernsehturm der Welt. Seine 1149 Stufen bilden das längste Treppenhaus der Stadt, leider kann man den Turm nicht besichtigen. Am Rande des Roderbruchs befinden sich die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und das Bundessortenamt.
Somit befindet sich Groß-Buchholz heute keineswegs mehr „weit vor den Toren der Stadt“ wie zur Zeit des Königs Ernst-August, sondern 15 U-Bahn-Minuten von ihr entfernt, hat sich aber einen sehr sympathischen Teil seines dörflichen Charakters bewahrt. Dies wird auch in der örtlichen Politik deutlich , denn der „Bezirksrat“ ist in Hannover dafür bekannt , da hier die Interessen des Stadtbezirks vor Parteiinteressen gestellt werden .
Zu einem ganz wesentlichen Teil tragen zum „Letzten Dorf in der Großstadt“ aber die Vereine und Verbände bei , die sich einig sind in dem Ziel, soviel wie möglich zu erhalten und weiterzutragen vom alten Dorf Groß-Buchholz.

Im Jahre 1985 waren die Relikte der Vergangenheit des ehemaligen Dorfes Groß-Buchholz bedroht. Es war höchte Zeit, sich für den Erhalt des alten Dorfkerns einzusetzen und Fotos,Dokumente und vor allem Erzählungen von Zeitzeugen zu sammeln und zu dokumentieren. Seit der Vereinsgründung in jenem Jahr engagieren sich Gr.-Buchholzer dafür, diesen heutigen Stadtteil ganz besonders liebens- und lebenswert zu erhalten. Durch die Pflege des Ortsbildes und ein breites Angebot an Veranstaltungen im kulturellen, sozialen und geselligen Bereich. Ob „Ureinwohner“ oder „Zugezogene“ : Unsere Mitglieder sind engagierte Menschen,denen eines wichtig ist: Etwas mehr Wärme zu schaffen in dieser kälter gewordenen Welt.

                                                                                                                                     F.-W.Busse

Unser Groß-Buchholz in Chroniken

Liebe Freunde, hier könnt Ihr Euch in die Geschichte von Groß-Buchholz einlesen.

Band 1: Groß-Buchholz, Bilder und Geschichten aus vergangenen Tagen: 
Gross-Buchholz, Chronik, Band 1
Die Geschichte aus vergangenen Tagen
Textauszüge:

Zum Geleit
Die Ortsgründung
Die beiden Landwehren
Der Schiffgraben
Der Räuber Hanebuth
Die Windsbraut
Das Sturmbild — Auflösung eines Rätsels
Krieg


Band 2: Groß-Buchholz, Bilder und Geschichten aus alten und neuen Tagen
Groß-Buchholz, Chronik, Band 2
Geschichte aus alten und neuen Tagen
Textauszüge:

Das Roderbruch